Erst Dritte, dann Zweite, bestimmt bald Erste

Ein Blick in den Himmel. Sieht gut aus. Ein Blick in den Kofferraum, einen auf die Rückbank. Hab ich alles dabei, Bananen, Brezeln, Tochter? Ein Blick auf die Uhr. Die Mülheimer sind gleich da. Müssen abgeholt werden. Einen ins Handy. Was sagt die Whatsapp-Gruppe? Oder vielmehr: Was sagt sie nicht?

Der Kai-Claussen-Cup war auch in diesem Jahr eine logistische Meisterleistung. Zumindest wenn man das aus meiner, schon mit alltäglichen Lappalien überforderten Perspektive betrachtet. Das Orga-Team um Vedran Par hatte ganze Arbeit geleistet und das Hockey-Olympiastadion am Samstag in eine Wohlfühloase verwandelt, Stände und Zelte morgens auf- und abends wieder abgebaut, allerlei kulinarische Feinheiten zubereitet und appetitlich drapiert sowie Fahrdienste, Turnierleitung und Schiedsrichter organisiert, alles für sechs U12-Mädchenmannschaften aus Hamburg, Bremen, Mülheim und Berlin. Die Anzahl der Spiele von Jungs und Mädchen machte diese Ausweichlocation am Samstag notwendig. Da beim BHC der sonst in Betracht gezogene Platz saniert wurde, fiel die Wahl auf das Olympiastadion und bot den jungen Spielerinnen mit seinen Tribünen eine spektakuläre Kulisse und den Eltern einen nicht minder sehenswürdigen Ausflug über Stadtautobahn und Theodor-Heuss-Platz in den Berliner Norden.

 

Kai Claussen war bis zu seinem Tod nach langer schwerer Krankheit aktiver Sportler bei den Wespen gewesen, aber darüber hinaus war er Trainer und Hockeytheoretiker für verschiedene Berliner Hockeyclubs, vor allem im Jugendbereich – und er hätte seine wahre Freude an den Leistungen unserer Mädchen gehabt. In Zahlen standen am Ende drei Siege, ein Unentschieden und eine unglückliche Niederlage zu Buche und bedeuteten Rang 3 in diesem außerordentlich stark besetzten Feld.

Und noch wichtiger: Die Mädchen haben ihre Stimmung untereinander wieder in neue Höhen katapultiert. Es ist eine Freude, dieses Team zu begleiten. Hier sind nicht, wie Sepp Herberger es forderte, 11 Freundinnen unterwegs, sondern deren über 30. Hier haben zwei Jahrgänge in einer Harmonie zueinandergefunden, die sich in ihrer Fröhlichkeit und Freundschaft schwer toppen lässt und angesichts pubertärer Unvorhersehbarkeiten umso erstaunlicher erscheint. Dass diese Nächstenliebe in meinem Fall dazu führen musste, dass wir gleich vier Hamburgerinnen als Gäste über Nacht aufnahmen, würde ich gerne nächstes Mal eingehender diskutiert wissen. Stichwort alltägliche Lappalien und Überforderung und so, aber egal.

 

Dieses Team hat unverkennbares Talent. Und dort, wo es noch hapert, greift sein unschlagbarer Zusammenhalt. Selten eine so kämpferische Einheit gesehen. Das ließ sich dann am folgenden Wochenende bei der Berliner Endrunde begutachten, zu der der Kai Claussen Cup eine hervorragende Grundlage lieferte.

Am Abend vorher stimmte man sich beim gemeinsamen Nudelessen mit Tanzeinlage und der Gestaltung des obligatorischen Endrunden-Plakats ein.
Im Halbfinale standen die Mädchen den Gastgeberinnen vom MHC gegenüber. Hatten sie sich in der Gruppenphase noch ein wenig schwergetan, stand jetzt ein ungefährdeter 6:0-Erfolg zu Buche, der den Einzug ins Finale bedeutete. Hier wartete mit dem BHC dann jedoch ein ganz anderes Kaliber. Unsere Lokalrivalinnen zählen zweifellos zu den stärksten Teams in Deutschland in diesem Jahrgang, so dass wir hier die Favoritenrolle abgeben mussten. Nichtsdestotrotz war das allgemein ausgegebene Ziel, die Roten endlich mal zu schlagen. Es wurde ein aufreibender Fight, in dessen Verlauf sich der BHC zwar eine Feldüberlegenheit erspielte, daraus aber lange kein Kapital schlagen konnte. Unsere Mädchen hielten dagegen und kämpften, was das Zeug hält. Wespen mit Löwenherzen. Am Ende sorgte eine Unachtsamkeit für den entscheidenden Treffer zugunsten des BHC, die so verdient Berliner Meister wurden.

 

Was dann folgte, war alles andere als eine Überraschung: Die Mädchen machten sich geschlossen auf ins Wespennest und verbrachten dort einen ausgelassenen Nachmittag. Die Tränen waren schnell getrocknet, es wurde viel gelacht, viel Quatsch gemacht und vor allem die Freundschaft hochleben gelassen. Vielleicht der größte Erfolg dieser an Erfolgen reichen Saison.

Darauf können sich die Kinder ruhig etwas einbilden. Es wäre aber nichts ohne das Trainerteam um Tim, Jakob, Emil und Silli, die mit ihrer stets positiven Art alle mitnehmen und für den integrativen Rahmen sorgen.

 

 

Und in der Halle ist der BHC dann fällig.

 

Vedran Par

 

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